Was war der bisher l”ngste Text, den Du am Bildschirm gelesen hast?
Hm, ich glaube, den Hacker's Crackdown von (SF-Autor) Bruce Sterling.
Der Text ist ein Tatsachenbericht ¸ber die Schikanen, die die US-Beh–rden mit
Computerfreaks angestellt haben. Das ging recht z”h und der Text ist mir in
einem Plattencrash verlorengegangen. Aber im Netz schwirrt er irgendwo noch
rum.
Du meinst aber wahrscheinlich ªfiktionalen Text´. Hm. Wenn es l”nger als
4 oder 5 Seiten wird, drucke ich aus. Nur wenn der Text als HTML-Version einen
gewissen ªMehrwert´ hat, wie das Einstein-Bose-Kondensat von BurkS, dann lese ich am Schirm. Dieser Text war dann auch wohl
der l”ngste bisher.
Das Internet war lange Zeit beinahe ganz in den H”nden von Fantasy- und Science-Fiction-Lesern. Wird das Spektrum langsam breiter, gibt es Trends oder Str–mungen der Online-Literatur?
Ja, die Hobby-Autoren, vor denen uns unsere Verleger immer bewahrt haben,
str–men ein. Sorry, wenn das jetzt arrogant klingt, aber wenn man wie ich seit
10 Jahren die Manuskripte von Neulingen liest, dann ist man f¸r jedes Talent
dankbar. Eine andere Tendenz, die erfreulicher ist, zeichnet sich ab: Menschen,
die versuchen, eine neue Netzliteratur zu schaffen. Ob das nun Dadadata ist oder Sven Stillich
mit seiner Diskussionsliste Netz-Literatur. Sowas ist erfreulich.
Gibt es aufregende literarische Experimente im Netz, die so nur im Netz stattfinden k–nnen?
Das Spannendste finde ich immer noch die MUDs, interaktive Abenteuer, die zum
Teil erhebliche Gestaltungsm–glichkeiten f¸r die eigene Figur lassen. Das ist
eine ªErlebnisqualit”t´, die ich sonst nur von Fantasy-Rollenpielen her kenne.
Ob man das allerdings als Literatur bezeichnen will... es ist zumindest ein ªauf
Text basierendes, narratives und interaktives Erz”hlmedium´. Angucken kann man
sich das Spektrum, das es an MUDs in Deutschland gibt, auf der MUD-Liste des MUDs Morgengrauen.
Ansonsten sind mir
das erw”hnte Dadadata-Projekt und Angebote wie die Markov-Seite von Dr. Nerve sympathisch.
Lohnt es sich zum jetzigen Zeitpunkt f¸r einen Literatur-Interessierten, f¸r Online-Literatur Computer und Modem anzuschaffen? (...und in Zukunft?)
Hm. Wer noch ungelesene B¸cher im Schrank stehen hat... Im Ernst: Ich glaube,
dass das Netz einen ”hnlichen Boom der Sub-Literaturkultur ausl–sen wird (und
bereits ausl–st), wie der Fotokopierer, ohne den der Underground ja nicht
denkbar (gewesen) w”re. Jetzt wird es noch einfacher zu publizieren, und man
erschlieþt gleichzeitig ein neues Medium. Das wird noch spannend. Erste Ans”tze
zu einer ªKonkreten Poesie´ des Netzes sehe ich schon. Z.B. bei Martin Auers
Neon Signs oder bei der Lakopoesie von
G¸nther Melzer.
In Zukunft wird das noch spannender werden, aber es wird auf
Papier auch genug geben. ªM¸ssen´ muss keiner...
Die Energie, ein Literatur-Projekt zu starten, haben manche. Die Energie, es am Leben zu erhalten, haben deutlich weniger Leute. Was motiviert Dich, OLLi und Wandler und laOkOOn i/O zu machen?
Dass es funktioniert, dass die Leute es gut finden und akzeptieren. Manchmal
ist das Lob etwas irritierend. laOkOON i/O ist ¸brigens ein ziemlicher
Reinfall. Allerdings habe ich auch nicht so viel daran gearbeitet. Auf das
Preisausschreiben hat sich kein Mensch gemeldet. Auch sonst ist die Resonanz so
schwach, wie sie bei Wandler und OLLi groþ ist. Vielleicht ist da
noch ein Konzeptionsfehler drin. Vermutlich sogar.
Was bekommst Du an Feedback?
Eher Anfragen - ªwo finde ich Material zu ...´ - als Lob. Oder lakonische
Meldungen, dass man die Seite anlinkt. Aber das ist ja ok. Es zeigt, was noch
rein muss und was gefragt ist.
Hast Du neue Projekte in Planung? Oder reicht Dir die Vielzahl Deiner Projekte erst einmal?
Hmmmm. Also bei einer Telefonrechnung von DM 400 kannst Du Dir an einem
Finger ausrechnen, dass ich davon gerne etwas zur¸ck h”tte. Ideen hab ich, aber
wenn ich die angehen w¸rde, ... dann bliebe der Rest auf der Strecke -
Wandler leidet ohnehin schon unter dem Netz.
© 1997 Alexander Svensson
URL: http://www.svensson.de/skylla/gassner.htm
Zu Oliver Gassners Online-Projekten. E-Mail an Oliver Gassner. |
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